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Weizen unter die Lupe nehmen – Teil 2

Bestandesmonitoring mit Vegetationsindizes, Strahlungstransfermodellierung und künstlichen Neuronalen Netzen

Autor: Lukas Koppensteiner

Pflanzenbestände werden während der Saison laufend kontrolliert. Auf Basis dieser Beobachtungen können Managementmaßnahmen, wie Düngung oder Pflanzenschutz, entsprechend angepasst werden. Regelmäßiges Bestandesmonitoring ist wichtig, aber auch zeitaufwändig. Oft können Pflanzenbestände aus Zeitgründen nur stichprobenartig kontrolliert werden. Eine Unterstützung bietet hierbei die Verwendung von Fernerkundungsdaten. Vor allem die frei verfügbaren Sentinel-2 Satellitendaten sind von großem Wert. Die wahrscheinlich einfachste Methode um Fernerkundungsdaten zu verwenden ist die Berechnung von Vegetationsindizes, z. B. Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) (Abbildung 1).

Abbildung 1:  NDVI-Karte von Groß-Enzersdorf auf Basis von Sentinel-2-Satellitendaten (22.4.2020) (verändert nach ESA, 2020). Ein NDVI-Wert nahe 1 zeigt einen gesunden Pflanzenbestand. Ist der NDVI-Wert nahe 0, dann liegt offener Boden bzw. ein junger oder schwach entwickelter Pflanzenbestand vor.

Der NDVI bietet grundlegende Informationen darüber, wie gesund ein Pflanzenbestand ist. Auch relative Unterschiede innerhalb eines Pflanzenbestandes werden gut dargestellt, die bei einer Kontrolle am Boden nicht erkennbar wären.
Vegetationsindizes sind aber leider schlecht generalisierbar. Möchte man z. B. Bestandesparameter, wie Blattfläche oder Chlorophyllgehalt, aus NDVI-Daten berechnen, muss das Modell dafür kultur- bzw. im Idealfall sortenspezifisch jährlich neu kalibriert und validiert werden.
Eine Alternative dazu sind Strahlungstransfermodelle (engl. Radiative Transfer Models, RTMs). Sie beschreiben die Interaktion zwischen Sonnenstrahlung und Pflanzenbeständen (Monteith 1965). RTMs zeichnen sich durch eine gute Generalisierbarkeit und daher einen geringen Kalibrierungs- und Validierungsaufwand aus. Ein weiterer Vorteil von RTMs ist die Nutzung sämtlicher verfügbarer Satellitendaten (Berger et al. 2018). Sentinel-2 Satellitendaten beispielsweise liefern zehn Satellitenbänder, welche für die Analyse von Pflanzenbeständen relevant sind. Im Vergleich dazu werden bei der Berechnung von Vegetationsindizes meist nur zwei oder drei Satellitenbänder verwendet.
Im Rahmen des DiLaAg Projektes arbeiten wir an der Bestimmung von Bestandesparameter, wie Blattfläche (LAI, Leaf Area Index) und Chlorophyllgehalt, in Weizen (Triticum aestivum) auf Basis des RTMs PROSAIL und einem künstlichen Neuronalen Netz (KNN). Das RTM PROSAIL benötigt Inputdaten zu Bestandesparametern und liefert als Output die simulierte Bestandesreflexion (Abbildung 2).

Abbildung 2: Berechnung der Bestandesreflexion mithilfe des PROSPECT + SAIL Modells (PROSAIL) (BERGER et al. 2018). N (Blattstrukturindex), Cab (Chlorophyllgehalt a + b), Ccx (Carotinoidgehalt), Canth (Anthocyangehalt), Cbp (braune Pigmente), Cm (Trockenmassegehalt), Cw (Wassergehalt), LAI, ALIA (durchschnittlicher Blattneigungswinkel), Hot (hot spot Parameter), ρsoil (Bodenreflexion), SZA (Sonne Zenith Winkel), OZA (Beobachter Zenith Winkel), and rAA (relativer Azimuth Winkel zwischen Sonne und Sensor).

Ziel ist es, dass RTM mithilfe eines KNNs zu invertieren. Das resultierende Modell benötigt als Input die Bestandesreflexion, z. B. Sentinel-2 Satellitendaten von Pflanzenbeständen, und liefert als Output Bestandesparameter, wie Blattfläche und Chlorophyllgehalt.
Derzeit arbeiten wir an der Optimierung der Modellkalibrierung. Zur Validierung unseres Modells werden die Daten aus unserem zweijährigen DiLaAg-Feldversuch an der Versuchswirtschaft Groß-Enzersdorf der BOKU verwendet. Mehr Informationen zum Feldversuch gibt es im Blogeintrag „Weizen unter die Lupe nehmen“.
Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Modells, das die laufende Beobachtung von Pflanzenbeständen unterstützt. Darüber hinaus kann dieses Modell im Kontext von Precision Farming Anwendungen, wie z. B. teilflächenspezifische Stickstoffdüngung, genutzt werden.

Literatur:

Berger K, Atzberger C, Danner M, D’Urso G, Mauser W, Vuolo F, Hank T, 2018: Evaluation of the PROSAIL Model Capabilities for Future Hyperspectral Model Environments: A Review Study. Remote Sens. 10, 85-110.
Monteith JL, 1965: Light Distribution and Photosynthesis in Field Crops. Ann. Bot. 29, 17-37