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„Target hoeing“ –

Mit dem Roboter zielgerichtet Unkräuter bekämpfen

Autor: Georg Supper

Herausforderungen in der Feldrobotik

In der wissenschaftlichen Fachliteratur der Agrartechnik wird eine Vielzahl von Roboterentwicklungen beschrieben, von denen einige bereits am Markt erhältlich sind. Meistens sind diese Roboter durch ihre Ausstattung an eine bestimmte Aufgabe angepasst. Mehrzweckroboter hingegen sind in der Lage, eine Vielzahl von verschiedenen Aufgaben auszuführen. Die Bandbreite der Entwicklungen reicht hier vom Robotereinsatz bei der Ernte von Früchten, der Saat, bis hin zur mechanischen Unkrautkontrolle.
Die Robotik bietet sich an vor allem bei zeitintensiven manuellen Tätigkeiten, wie die Unkrautkontrolle im Gemüse- bzw. im ökologischen Landbau, den Menschen zu unterstützen oder gar zu ersetzen. Mit Hilfe von Robotern, deren Ausstattung mit Sensorik und Aktorik, sowie der entsprechenden künstlichen Intelligenz, können Prozesse neu gedacht und innovative Arbeitsabläufe entwickelt werden. Ein Anwendungsansatz ist die zielgerichtete mechanische Unkrautkontrolle mittels der Hacktechnik (target hoeing) auf die wir hier nun näher eingehen wollen. Im Gegensatz zur vollflächigen Bearbeitung werden beim „target hoeing“ nur die Bereiche mit Unkrautpflanzen durch bewegliche Hackschare bearbeitet. Eine mögliche Energieeinsparung durch das „target hoeing“ und neue Fahrstrategien bei der robotische Unkrautbekämpfung werden im Rahmen des DiLaAg Projektes 1 untersucht.

Feldroboter „Mathilda“

Die Roboterplattform „Mathilda“ (siehe Abb. 1) wurde am Institut für Landtechnik im Rahmen einer Masterarbeit entwickelt und soll als Trägerfahrzeug für verschiedenste Applikationen dienen. Ihre Abmessungen und Parameter wurden spezifisch gewählt um einen einfachen Transport zwischen verschiedenen Einsatzgebieten, eine Indoor- und Outdooranwendung und eine einfache und flexible Erweiterung, sowohl hard- und softwareseitig, zu ermöglichen. Sie hat eine Breite von 850 mm, eine Länge von 1197 mm und eine Höhe von 620 mm an der Plattformoberkante und 1020 mm an der Schaltschrankoberkante. Das Gewicht der Plattform beträgt 255 kg. Der Antrieb erfolgt über 2 Elektromotoren, mit welchen über eine Drehzahländerung die Lenkung realisiert wird. Die Antriebsräder vorne haben einen Durchmesser von 500 mm. Die Hinterräder sind frei drehbar ausgeführt und haben einen Durchmesser von 270 mm. Als Sensoren für die Navigation dienen ein LIDAR-Scanner, DGPS-System, Inertial Measurement Unit (IMU) und Inkrementalgeber an den Antriebsrädern.
Die Robotersoftware basiert auf dem Framework des Robot Operating Systems (ROS) welches ein Open-Source Projekt ist und zu den weitverbreitetsten Frameworks in diesem Bereich zählt. Zum Betrieb des Roboters wird ein Softwarekonzept entwickelt, welches auf dem ROS Navigation Stack beruht. Dieses Konzept wird um eigene Entwicklungen im Bereich der Roboterkinematik und der Lokalisierung ergänzt, welche die Software auf die spezifischen Eigenschaften des entwickelten Roboterplattform anpasst.

Abbildung 1: Feldroboter „Mathilda“ beim Ausfahren aus der Maschinenprüfungsstation

Entwicklung einer „Target hoe“

Um die beschriebene Roboterplattform „Mathilda“ als Trägerfahrzeug für das zielgerichtete Hacken zu verwenden wird ein vertikaler und horizontaler Verschieberahmen entwickelt und am Heck des Roboters angebaut (siehe Abb. 2). Dieser dient zum Heben und Senken der Hacke, sowie zur horizontalen Ausrichtung der Hacke an die Pflanzenreihe. Die Verschiebung erfolgt mittels der Linearmotoren LA36 der Firma Linak. Zur Zugkraft- und Hubkraftmessung sind Kraftsensoren am Rahmen angebracht. Mit diesem Verschubrahmen können verschiedene Geräte am Roboter angebaut werden und Versuche damit gefahren werden. Weiters können durch die angebrachte Sensorik sinnvolle Daten erhoben und integriert werden.
Zur mechanischen Unkrautkontrolle werden einzelne Hackelement am Verschubrahmen angebracht. Jedes dieser Hackelemente kann mittels Pneumatik-Zylinders um 80 mm verschoben werden und so bei Bedarf in den Boden abgesenkt werden.

Abbildung 2: Darstellung des Roboters, des Verschubrahmens und des beweglichen Hackelements

Interdisziplinare Zielsetzungen und Zusammenarbeit im DiLaAg

Um das Ziel einer teilflächenspezifischen mechanische Unkrautkontrolle in einer Reihenkultur mittels des Feldroboters „Mathilda“ und der entwickelten Hacke zu erreichen, muss zuvor allerdings das Unkraut, insbesondere dessen Position, bekannt sein. Hier fließen nun die verschiedenen Dissertationsprojekte im DiLaAg zusammen, denn die Unkrautpflanzen werden mittels eines Stereovision-Systems erfasst und mit Hilfe von Deep-Learning Methoden erkannt (siehe DiLaAg Projekt 2). Die Position der Unkrautpflanze wird vom Rechner erfasst und löst eine Bewegung des betreffenden Hackelement aus und schneidet die Unkrautpflanze mittels Gänsefußschar im Boden ab (siehe Abb. 3). Eine pflanzenbauliche Betrachtung (siehe DiLaAg Projekt 3), insbesondere die Untersuchung innovativer Technologien, um landwirtschaftliche Produktionssysteme ökonomisch und ökologisch zu optimieren, soll eine verantwortliche und nachhaltige landwirtschaftliche Produktion ermöglichen.

Abbildung 3: Schematische Darstellung des Gesamtsystems „target hoeing“

Die vorhandene Messtechnik am Roboter und an der Hacke dienen einerseits zur Steuerung des Vorganges und andererseits zur Aufzeichnung von Messwerten wie zum Beispiel Energieverbrauch, Zugkraft und Arbeitsqualität. Diese landwirtschaftlichen Verfahrensparameter werden durch Versuchsfahrten am Feld erfasst und dienen zur Analyse von teilflächen-spezifischen Fahrstrategien in Abhängigkeit der Unkrautdichte, Bearbeitungsgeschwindigkeit und Energieverbrauch. Mit Hilfe des Life Cycle Assesment (LCA) (siehe DiLaAg Projekt 8) und den gewonnenen Daten kann die mechanisch- robotische Unkrautkontrolle auf deren Umweltauswirkungen untersucht werden. Dieser wissenschaftliche Gesamtblick auf das Vorhaben und die Untersuchung in praxisnahmen Versuchen kann wichtige Erkenntnisse für die Feldrobotik liefern und die weitere Entwicklung in diesem Feld maßgeblich beeinflussen.

Diesen Beitrag zitieren als:
G. Supper, „Target hoeing“ – Mit dem Roboter zielgerichtet Unkräuter bekämpfen In: DiLaAg Innovationsplattform [Webblog]. Online-Publikation: „https://dilaag.boku.ac.at/innoplattform/2021/03/16/target-hoeing-mit-dem-roboter-zielgerichtet-unkraeuter-bekaempfen/“, 2020.

Quellen:

Coleman, G. R., Stead, A., Rigter, M. P., Xu, Z., Johnson, D., Brooker, G. M., … & Walsh, M. J. (2019). Using energy requirements to compare the suitability of alternative methods for broadcast and site-specific weed control. Weed Technology, 33(4), 633-650.

Duckett, T., Pearson, S., Blackmore, S., Grieve, B., Chen, W. H., Cielniak, G., … & Yang, G. Z. (2018). Agricultural robotics: the future of robotic agriculture. arXiv preprint arXiv:1806.06762.
LINAK (2021). Linearantrieb LA36. https://www.linak.at/produkte/linearantriebe/la36/

Supper, G., Aschauer, C., & Barta, N. (2019). Planung und Entwicklung einer mobilen, autonomen Roboterplattform für pflanzenbauliche Anwendungen. 39. GIL-Jahrestagung, Digitalisierung für landwirtschaftliche Betriebe in kleinstrukturierten Regionen-ein Widerspruch in sich?.