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Autonom über den Acker

Robotik in der Landwirtschaft

Autor: Georg Supper

In den Agrarwissenschaften und bei den Landmaschinenherstellern wird ausgehend von Industrie 4.0 an der Automatisierung und der Digitalisierung der Landwirtschaft gearbeitet. Dabei können die heutigen Automatisierungslösungen für die Feldarbeit kann in zwei Entwicklungsbereiche untergliedert werden.
Zum einen wäre die Integration von immer mehr Automatisation durch die Integration von Sensorik und Rechnertechnik in die landwirtschaftlichen Maschinen. Mit Hilfe der entsprechenden Software sind moderne Landmaschinen in der Lage Feldarbeiten hochautomatisiert durchzuführen. (Schwich et al., 2019)
Ein anderer Ansatz ist die Entwicklung von deutlich kleineren Maschinenkonzepten, die so genannten Feldroboter. Diese Roboter haben das Potential vor allem monotone und sich wiederholenden, sowie körperlich anstrengenden Tätigkeiten zu ersetzen. Mehrere Forschungsarbeiten beschäftigen sich daher mit der Entwicklung von Roboter für eine Vielzahl von landwirtschaftlichen Arbeitsprozessen (Bechar and Vigneault, 2016).

Ausgewählte Feldroboter

Dino – Najo Technologies

Die Firma Najo-Technologies wurde 2012 gegründet und hat drei verschiedenen Robotern im Portfolio: Oz, Ted (Weinberg) und Dino (Gemüse)

Der Feldroboter Dino ist der größte Roboter der Firma. Er wurde zur mechanischen Kontrolle von Unkräutern entwickelt. Seine Werkzeuge können mehrere Pflanzenreihen bearbeiten. Die Steuerung auf dem Feld erfolgt mittels RTK-GPS und ein Vision-System erkennt die Pflanzenreihen. Laut Hersteller kann der Roboter unter guten Bedingungen 8h arbeiten.

Oz ist ein Roboter zur Unkrautkontrolle mit einer Breite von 40cm, einer Höhe von 60cm und einer Länge von 100cm (inklusive 130cm Werkzeugträger). Er jätet eine Reihe nach der anderen und kann etwa 48 Reihen von 100 m in etwa vier Stunden abdecken. (Naio Technology 2020)

Robotti – AgroIntelli

Der Feldroboter Robotti ist für einen landwirtschftlichen Einsatz im Freiland konzipiert. Im Gegensatz zu anderen Robotiklösungen ist dieser Roboter als Werkzeugträger vorgesehen. Er verfügt über eine Dreipunktaufhängung, einer Zapfwelle und hydraulischen Anschlüssen. Damit können vorhandene Anbaugeräte bis zu einer Arbeitsbreite von 3m verwendet werden. Der Antrieb erfolgt mittels Dieselmotors. Zur Navigation am Acker wird ein RTK-GPS-System verwendet. (AgroIntelli 2020).

Thorvald 2 – Saga Robotics

Thorvald 2 ist ein modulbasierter Roboter, der es ermöglicht, sehr unterschiedliche Roboterkonfigurationen mit denselben Grundmodulen zu schaffen. Die Hauptaufgabe reicht je nach Konfiguration von der Phänotypisierung in Weizen, UV-Behandlung in Glashaus oder im Folientunnel. Mit diesem System lässt sich auf verschiedene Einsatzbereiche und landwirtschaftliche Umgebungen durch eine individuelle Zusammensetzung des Roboters reagieren. Der Roboter ist mit Elektromotoren ausgestattet und wird mit Hilfe von Batterien mit Energie versorgt. Er wird mit Hilfe einer Reihe von Sensoren wie GPS- und LiDAR-Sensoren (Light Detection and Ranging) sowie Kameras automatisiert, die je nach Arbeitsumgebung (drinnen vs. draußen) variieren. (Grimstad und From, 2017)

In der Literatur wird eine Vielzahl von Feldrobotern beschrieben und einige sind bereits am Markt erhältlich. Das Ziel eines Robotereinsatzes in der Landwirtschaft soll nicht nur die Automatisierung von Prozessen und die Einsparung des Fahrers sein. Die Robotik ermöglicht es durch die Ausstattung und den kleineren Maschinenkonzepten neue Wege in der Bearbeitung von landwirtschaftlichen Flächen zu gehen. Diese Entwicklung von neuen Bewirtschaftungsszenarien und Fahrstrategien mithilfe von Robotern, sowie deren Evaluierung ist Bestandteil der aktuellen Forschung.

Roboterlokalisierung

Mobile Roboter interagieren mit ihrer Umgebung, die sie mit Sensoren wahrnehmen. Roboterprogrammierung erfordert folglich das Verarbeiten von Sensordaten. Der Aufbau und die Funktionsweise von Sensoren haben einen entscheidenden Einfluss auf die Konzeption der Programme.

Abbildung 1: Ausgewählte Sensoren: v.l.n.r.: GPS-Receiver, Schrittencoder/Inertial Measurement Unit (IMU), 3D-Laserscanner, RGB-/Stereovisionkamera

Eine sehr wichtige Information in der Robotik ist die genaue Position und Orientierung eines Roboters. Diese kann mit den unterschiedlichsten Sensoren erfasst werden. Dabei kann zwischen der absoluten und einer relativen Positionierung unterschieden werden.

Eine absolute Position wird im Freiland mit Hilfe von GPS-Systeme erreicht. Durch die Nutzung von Korrekturdiensten (Real Time Kinematik – RTK) können Genauigkeiten von 1-2 cm erreicht werden. Ebenso können 3-D-Informationen von Laserscannern und Stereovision-Kameras zur absoluten Positionierung genutzt werden. Mit Hilfe dieser Daten, einer Karte der Umgebung und eines entsprechenden Algorithmus, wie zum Beispiel der Adaptive Monte Carlo Lokalisierung (AMCL), kann eine Positionsschätzung errechnet werden. Diese Methodik wird vor allem für eine absolute Lokalisierung im Innenbereich benutzt.

Eine unterstützende oder relative Positionierung wird mit Sensoren, wie zum Beispiel Schrittencodern, Lage- und Beschleunigungssensoren, erreicht. Diese Sensoren bieten eine gute kurzfristige Genauigkeit, sind kostengünstig und erlauben sehr hohe Abtastraten. Mit den gewonnenen Informationen, wie zum Beispiel die Fahrtgeschwindigkeit oder die zurückgelegte Strecke eines Roboters, lassen sich mit Hilfe der mathematischen Modellierung (z.B. Extended Kalman Filter) der Roboterkinematik Rückschlüsse auf die Roboterposition ziehen. Da die Grundidee einer relativen Positionsmessung die Integration von Bewegungsinformationen über die Zeit ist, führt dies zu einer unweigerlichen Ansammlung von Fehlern. Insbesondere Orientierungsfehler führen zu großen lateralen Positionsfehlern, die proportional mit der vom Roboter zurückgelegten Strecke zunehmen. Trotz dieser Einschränkungen ist dies ein wichtiger Bestandteil eines Roboternavigationssystems.

Zur Navigation in Pflanzenreihen (z.B. bei der mechanischen Unkrautkontrolle) oder zum Erkennen von Hindernissen werden Kamerasysteme oder Laserscanner verwendet. Mit Hilfe dieser Systeme lässt sich die Umgebung eines Roboters erfassen. Eine Auswertung dieser Daten erfordert eine entsprechend intelligente Software, in welcher diese Bild- und 3D-Informationen durch das Computersystem eines Roboters verarbeitet werden. (Hertzberg et al., 2012)

Sicherheit von Maschinen

Die Sicherheit von Menschen, Tieren und Gegenständen, aber auch von der Maschine selbst, ist eine zentrale Voraussetzung bei der Automatisierung der Landwirtschaft. Während bei Industrierobotern der Arbeitsbereich und damit die Zugänglichkeit abgegrenzt werden kann, ist dies im landwirtschaftlichen Bereich oft nicht möglich. Dies erfordert ein höheres Maß an Sicherheit aufgrund einer möglichen direkteren physischen Interaktion oder einer veränderten Arbeitsumgebung. Um Kollisionen zu vermeiden, muss der Arbeitsraum eines mobilen Roboters mit Hilfe von Kameras, Laserscannern oder anderer Sensoren überwacht werden, was insbesondere bei veränderlichen Umgebungen hohe Ansprüche an die Robustheit der eingesetzten Systeme stellt. Bei einer Gefahr von Kollisionen sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen durch die Steuerungstechnik einzuleiten und/oder in einen sicheren Zustand wechseln.

Abbildung 2: Auszug von relevanten Normen zur Mensch-Roboter-Kollaboration (Quelle: TÜV Austria)

Wie in Abbildung 2 dargestellt, werden Normen zur Sicherheit von Robotern einer Unterteilung unterzogen. A-Normen sind Sicherheitsgrundnormen, die allgemeine Aspekte beleuchten, die auf alle Maschinen und Anlagen gleichermaßen zutreffen. In B-Normen werden wiederum für einzelne Produktgruppen speziellere Anforderungen gestellt und C-Normen schließlich geben Aufschluss über einzelne Maschinentypen an sich. Bei Überschneidungen von verschiedenen Normen gilt die detaillierteste Norm. Einhergehend mit der steigenden Komplexität der Aufgaben von Robotersystemen wird auch die Entwicklung von neuen Sicherheitsnormen vorangetrieben. (Jacobs, 2013)

Literatur:

AgroIntelli (2020). Robotti. Abgerufen am 21. December 2020, von www.agrointelli.com
Bechar, A. & Vigneault, C. 2016. Agricultural robots for field operations: Concepts and components. Biosystems Engineering, 149, 94-111.
Grimstad, L. & From, P. 2017. The Thorvald II Agricultural Robotic System. 2218-6581, 6.
Hertzberg, J., Lingemann, K., & Nüchter, A. (2012). Mobile Roboter: Eine Einführung aus Sicht der Informatik. Springer-Verlag.
Jacobs, T. 2013: Validierung der funktionalen Sicherheit bei der mobilen Manipulation mit Servicerobotern – Anwenderleitfaden. Frauenhofer- Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA.
Naio Technology (2020). Dino – Vegetable robot. Abgerufen am 21. December 2020, von /www.naio-technologies.com
SPARC. 2015. Robotics 2020 Multi-Annual Roadmap—For Robotics in Europe [Online]. http://sparc-robotics.eu/wp-content/uploads/2014/05/H2020-Robotics-Multi-Annual-Roadmap-ICT-2016.pdf.
SCHWICH, S., STASEWITSCH, I., FRICKE, M. & SCHATTENBERG, J. 2019. Übersicht zur Feld-Robotik in der Landtechnik. Jahrbuch Agrartechnik 2018, Band 30, 30, 2018.