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Sensorsysteme auf Herz und Nieren prüfen

Validierung zweier verschiedener Beschleunigungssensoren zur Beurteilung des Liegeverhaltens von Milchkühen auf der Weide

Autor: Barbara Pichlbauer

Vielfältige Entwicklungen der letzten Jahrzehnte haben dazu beigetragen, dass die Digitalisierung und Technisierung auch Einzug in die tierhaltende Landwirtschaft gehalten haben. Der Einsatz moderner technischer Hilfsmittel ist aus dem landwirtschaftlichen Alltag, gerade auf größeren Betrieben, gar nicht mehr wegzudenken. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, trotz Veränderungen der Betriebsstrukturen, die Standards der guten landwirtschaftlichen Praxis aufrecht zu erhalten, sowie den hohen rechtlichen und gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden.

Tiergesundheit, Tierwohl und artgerechte Tierhaltung sind mittlerweile nicht mehr nur für die Landwirte zentrale Themen, auch Konsumenten beschäftigen sich damit und legen immer mehr Wert auf die Herkunft der Lebensmittel tierischen Ursprungs. Für rinderhaltende Biobetriebe ist der Weideaustrieb gesetzlich verankert, aber auch einige Qualitätsprogramme fordern einen gewissen Anteil an Weidehaltung, da dies als besonders naturnahe Haltungsform gilt.

Für Betriebe, die im Herdenmanagement auf kontinuierliches Sensor-basiertes Monitoring der Tiere setzen und gleichzeitig den Forderungen nach mehr Weidehaltung gerecht werden wollen, müssen die angewendeten Systeme sowohl im Stall praktikabel als auch weidetauglich sein.

Einige auf dem Markt erhältliche Sensorsysteme eignen sich bereits sowohl für die Anwendung im Stall als auch auf der Weide, andere haben sich bis jetzt nur im Stall bewährt.

Das Projekt mit dem Titel „Sensor-basiertes Monitoring der Weidehaltung von Milchkühen“ beschäftigt sich mit den Fragestellungen, ob und wie das Sensor-basierte Monitoring von Kühen auf der Weide genutzt werden kann und inwiefern Unterschiede zwischen Stall- und Weidehaltung dargestellt werden können.

Das Ziel der Weidesaison 2020 war der Einsatz von zwei verschiedenen Beschleunigungssensoren (Akzelerometern), die sich für die Anwendung im Stall bereits bewährt haben, mit dem Fokus auf der kontinuierlichen Erfassung des Liegeverhaltens laktierender Kühe:

  • Ein in eine Ohrmarke integrierter 3D-Beschleunigungssensor (SMARTBOW-Ohrmarke, Smartbow GmbH, Zoetis, Parsippany, NJ)
  • Ein Datenlogger mit Beschleunigungssensor und Gyroskopfunktion (HOBO Pendant G Logger, Onset Computer Corporation, Bourne, MA), der am Bein des Tieres fixiert wird

Abb. 1: SMARTBOW Ohrmarke

Abb. 2: HOBO Datenlogger

Am Anfang einer Arbeit mit neuen Sensoren bzw. mit bewährten Technologien in einem neuen Umfeld steht jedoch immer die Validierung der Systeme, um sichergehen zu können, dass die eingesetzten Sensorsysteme nicht nur kontinuierliche, sondern auch verlässliche Daten liefern. Dabei ist zu beachten, dass die Bedingungen der Evaluierung denen des später geplanten Anwendungsgebietes möglichst ähnlich sein sollten.

Als Goldstandard für Validierungsstudien im Bereich des Sensor-basierten Monitorings des Tierverhaltens gelten die direkte und die indirekte Tierbeobachtung. Bei der direkten Observation wird das Verhalten der Tiere durch eine geschulte Person beobachtet und sofort klassifiziert und dokumentiert. Bei der indirekten Tierbeobachtung wird das Verhalten der Tiere zunächst per Videoaufzeichnung dokumentiert, danach erfolgt die Klassifizierung. Ein Vorteil der indirekten Tierbeobachtung ist die Möglichkeit zur wiederholten und genaueren Analyse (z.B. Zeitlupe) des Videomaterials. Um die Videoobservation auf der Weide zu optimieren und flexibler zu gestalten, ist der Einsatz einer Kamera-bestückten Drohne eine vielversprechende Alternative zu fix installierten Kameras.

In weiterer Folge können die Sensor-basiert aufgezeichneten Daten, sofern die Kriterien im Validierungsprozess erfüllt wurden, zur weiteren Auswertung herangezogen werden.

Das Liegeverhalten ist insofern von Interesse, da Liegen für Milchkühe ein prioritäres Bedürfnis darstellt und von verschiedenen exogenen und endogenen Faktoren abhängig ist. Abweichungen der Liegedauer einer Kuh von ihrem individuellen „Normalwert“ können bereits Hinweise auf eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens oder einer Erkrankung des Tieres geben. Daher ist ein Ziel dieser Studie, die Liegezeiten der Kühe unter den gegebenen Haltungsbedingungen auf der Weide darzustellen.

Weitere Sensorsysteme, deren Anwendung im Rahmen des Projektes „Sensor-basiertes Monitoring der Weidehaltung von Milchkühen“ geplant ist, sind:

  • Kamera-bestückte Drohne
  • RumiWatch-Halfter
  • RumiWatch-Pedometer
  • Polar-Pulsgurte

Abb. 3: Kamera-bestückte Drohne (Hersteller: DJI)

Abb. 4: Links: Das Halfter hat einen in das Nasenband integrierten Drucksensor und einen an der Seite angebrachten Beschleunigungssensor und ist in der Lage, Wiederkauverhalten, Futteraufnahme im Stall sowie Grasen auf der Weide und Wasseraufnahme zu erkennen. Rechts: Das Pedometer klassifiziert das Tierverhalten in „Stehen“ und „Liegen“ und zeichnet zusätzlich die Schritte auf.

Abb. 5: Polar-Pulsgurte zur Messung der Herzfrequenz der Tiere

Diesen Beitrag zitieren als: B. Pichlbauer, „Sensorsysteme auf Herz und Nieren prüfen: Validierung zweier verschiedener Beschleunigungssensoren zur Beurteilung des Liegeverhaltens von Milchkühen auf der Weide“. In: DiLaAg Innovationsplattform [Webblog]. Online-Publikation: https://dilaag.boku.ac.at/innoplattform/2020/11/30/sensorsysteme-auf-herz-und-nieren-prufen/, 2020